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Krise: Griechenland, Westerwelle, Hitler

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Beitrag  Graf Börek Di Feb 16, 2010 4:09 pm

Keine Urlaubsplanung hier, sondern mal wieder ein paar informative Links mit aktuellem Bezug. Smile

Es geht um die aktuelle Haushaltskrise in Griechenland, die für die Eurozone und damit auch für die BRD von besonderem Interesse ist.

Dazu zunächst ein Interview von DRadio Kultur vom letzten Dezember (schön, dass man so etwas noch online findet!) mit Heiner Flassbeck: nachlesen oder anhören.
Kernaussage:
Nach Ansicht von Heiner Flassbeck trägt Deutschland eine Mitschuld für die Finanzkrise in Griechenland. Ein Grund dafür sei die "Nicht-Lohnerhöhungspolitik", sagte der Chefökonom der UN-Konferenz für Handel und Wirtschaft (UNCTAD).


Über erschreckende Parallelen in der Politik von Guido Westerwelle (der mit der spätrömischen Dekadenz^^) und der Griechenlands schreibt Thomas Fricke in der Financial Times Deutschland. Fricke räumt mit gängigen Klischees auf und zeigt auf, dass die griechische Finanzkrise nicht auf verschwenderische Staatsausgaben zurückzuführen ist.
Und was hat das mit Guido Westerwelle zu tun? Tja, der hat irgendwie gerade dasselbe vor. Die Steuern um (fast) jeden Preis senken. Willkommen bei den Griechen.

Lucas Zeise stellt in seiner Kolumne dar, dass schon der Konstruktionsfehler der freien Kapitalmärkte eine Schwäche des europäischen Finanzsystems ist, dabei wird besonders auf Island eingegangen.

Der erwähnte Lucas Zeise hat eine längere Analyse über Staatsschulden, Staatsbankrotte und Ratingagenturen in der jungen Welt veröffentlicht.
Damals, als die Finanzkrise ihren ersten Höhepunkt hatte, waren Ratingagenturen auch bei Politikern unten durch. Sie sollten reguliert, beaufsichtigt und in ihrem Handeln stark eingeschränkt werden. Das ist vergessen. Ganz wie vor der Krise entscheiden Ratingagenturen, wer am Kapitalmarkt günstige Konditionen bekommt. Zu Beginn nächsten Jahres, wenn die Europäische Zentralbank (EZB) ihre in der Finanzkrise eingerichteten Sonderkonditionen wieder aufgibt, könnte sie mit unter »A« bewertete griechische Staatsanleihen nicht mehr als Sicherheit bei der Kreditgewährung an die Banken akzeptieren. Dann bekommt der griechische Staat zusätzliche Probleme damit, neue Schulden aufzunehmen. Die EZB, die Regierungen der EU-Länder und die EU-Kommission jedenfalls finden es weiter ganz normal, Ratingagenturen über das Wohl und Wehe von Mitgliedsstaaten der Eurozone bestimmen zu lassen.


Wiederum in der FTD gibt es eine Kolumne "Das Kapital", die mit folgenden Aufmacher daherkommt:
Die Anleger flüchten aus dem Euro in den Dollar, weil Griechenland überschuldet ist, über seine Verhältnisse lebt, seine Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt hat und seine Statistiken fälscht. Doch könnte man dasselbe nicht auch als exakte Beschreibung der USA anführen?
[...]
Griechenland ist überschuldet, lebt über seine Verhältnisse, hat seine Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt und fälscht seine Statistiken, heißt es. Dasselbe könnte man als exakte Beschreibung der USA anführen, mit dem Unterschied, dass in Amerika anders als in Griechenland auch der Privatsektor übel in der Kreide steht. Dass nicht nur Washington das Wasser bis zum Hals steht, sondern auch einigen Bundesstaaten wie Kalifornien, sei nur als Randnotiz erwähnt.


Die kreativen Bilanzfälschungen sind der konservativen Vorgängerregierung der jetzt amtierenden sozialistischen Regierung Griechenlands nicht ganz von alleine eingefallen: da halfen auch alte Bekannte von Goldman Sachs kräftig nach. Weiterer SpOn Artikel dazu.


Im Handelsblatt wird auch mal über den neuen ständigen Ratspräsidenten der EU geschrieben: EU-Ratspräsident van Rompuy attackiert Bundesregierung
Der neue EU-Ratspräsident Van Rompuy will gegen „makroökonomische Ungleichgewichte“ in der Eurozone vorgehen und rügt Deutschlands „unkooperative Wirtschaftspolitik“ – ein Frontalangriff auf den deutschen Exportüberschuss.



Ein letztes noch: bei Telepolis hat der von mir sehr geschätzte Jens Berger (aka Spiegelfechter) 5 Szenarien zur Lösung der griechischen Staatskrise dargestellt.


edit: Etwas düster, aber durchaus nicht bar jeder Grundlage, wird es bei Robert von Heusinger in der Frankfurter Rundschau:

Die Rechnung kann nicht aufgehen. Volkswirtschaftlich ist es unmöglich, das Staatsdefizit durch Radikalsparen in den Griff zu bekommen, solange die Wirtschaft nicht boomt, sondern schwächelt.
Der Einbruch der Nachfrage ist durch die Kürzungsorgie programmiert und wird das BIP einkrachen lassen, was wiederum die Schulden in die Höhe treiben wird. Wer die deutsche Geschichte kennt, weiß, wie es Reichskanzler Brüning ergangen ist, als er genau das versucht hat, was die Griechen auf Druck der EU nun tun müssen. Er ist grandios gescheitert und hat Hitler den Weg bereitet.
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Beitrag  Graf Börek Di Feb 16, 2010 10:31 pm

Bevor ich losfahre möchte ich nochmal, mit freundlicher Untersützung der NachDenkSeiten, nachlegen.


---

Griechische Finanzkrise

1. EU sucht Mittel gegen Griechenland-Spekulation
Nach Einschätzung von Experten haben spekulative Investoren die griechische Schuldenkrise verschärft, indem sie CDS (Kreditausfallversicherungen) kauften, ohne selbst griechische Staatsanleihen zu besitzen. Das habe die Risikoaufschläge auf griechische Anleihen gegenüber Bundesanleihen hochgetrieben.
Die Euro-Finanzminister sprachen am Montagabend über Maßnahmen gegen solche Wetten. Auch die EU-Kommission untersucht die CDS-Märkte für Staatsanleihen. “Das ist jetzt ein Thema”, sagte ein ranghoher Beamter. “Regulierer und Aufseher haben in den Derivatemärkten generell zu wenig.
Quelle: FTD

2. Thomas Fricke - Vom Kasino in die Anstalt
Der Grieche ist unartig. Deshalb kriegt er ordentlich Risikozuschläge vom Finanzmarkt. Deshalb tanzen EU-Regierungschefs im Dreieck, und der griechische ist arg bemüht, die Wünsche des Finanzmarkts zu erfüllen, um die fürchterlich erschrockenen Finanzmenschen vor schlimmer Nervosität zu bewahren. Sonst kommt der Staatsbankrott. Darf’s noch ein bisschen mehr Kürzung von Staatsausgaben sein? Oder lieber noch ein schöner Schub Steuererhöhungen? Was sich da gerade rund um Griechenlands Schicksal abspielt, hat groteske Züge. Da kuschen Politiker unter Einfluss theologischer Glaubenssätze vor dem Urteil von Leuten, die eben erst eindrucksvoll demonstriert haben, wie sehr sie schon mit der Risikokalkulation einzelner Banken überfordert sind; wie schnell sie abseitigen Herdentrieben erliegen oder einer destabilisierenden Spekulationslust. Die urteilen jetzt über die Risiken ganzer Volkswirtschaften. Wobei sie gerade erst von jenen Regierungen mit viel Geld vor dem eigenen Bankrott gerettet wurden, über deren Solidität sie nun unbekümmert wieder befinden.
Gemessen an der Höhe der Staatsschulden gäbe es weltweit noch ganz andere Kandidaten, die seit Jahren pleitegehen müssten. Etwa die Japaner, die auf eine Quote von 200 Prozent der Wirtschaftsleistung zusteuern, während die Griechen bei 120 Prozent dümpeln. Nimmt man die Verschlechterung seit Ausbruch der - übrigens auch nicht griechischen - Finanzkrise, schneiden die Hellenen mit einem Schuldenanstieg unter 20 Prozentpunkten besser ab als Amerikaner (30), Briten (36) oder Iren (53), und auch besser als der OECD-Schnitt mit 24 Prozentpunkten. Gerade das Griechen-Bashing angloamerikanischer Marktakteure steht in kuriosem Kontrast dazu, dass Amerikaner und Briten ein ebenso hohes laufendes Staatsdefizit von mehr als zehn Prozent haben - mit dem Unterschied, dass sie, anders als die Griechen, nicht einmal versuchen, das Defizit bald in die Nähe von drei Prozent zu bringen.
Es wäre gar nicht so weit gekommen wie jetzt, hätten Angela Merkel und ihre Freunde schon im Herbst klargemacht, dass sie von der griechischen Regierung zwar einen vernünftigen Abbau des Staatsdefizits einfordern, sich ansonsten aber jedem Versuch entgegenstellen, das Land in den Ruin zu spekulieren. Wenn Spekulanten ernsthaft fürchten müssen, sich beim Abschussversuch die Finger zu verbrennen, werden sie es erst gar nicht versuchen.
Die Zeit blinden Vertrauens in teils bizarre, teils pathologische Urteilsausflüge von Finanzmarktmenschen sollte nach der Erfahrung der jüngsten Finanzkrise vorbei sein. Das gilt auch, wenn es Griechen trifft. Wir brauchen weder Kasino- noch Anstaltskapitalismus.
Quelle: FTD

3. Goldman Sachs. Ein vergessener Deal erregt die Gemüter
Goldman Sachs half Griechenland vor Jahren, den Haushalt zu schönen – die deutsche Politik zeigt sich empört. Einfach gesagt, tauschte Griechenland im Jahr 2002 einen Teil seiner Dollar- und Yen-Schulden mithilfe der US-Bank in Euro um. Das Geschäft hatte ein Volumen von rund zehn Milliarden Dollar. Weil aber nicht aktuelle, sondern günstigere Wechselkurse vereinbart wurden, floss Griechenland etwa eine Milliarde Euro zu – ein heimlicher Kredit. Irgendwann, 15 oder 20 Jahre später, muss Griechenland den gesamten Swap zurückzahlen. Aber nicht mehr an das US-Institut: Es hat den Titel 2005 an eine griechische Bank weiterverkauft und ist aus der Sache komplett draußen. Weil Goldman Sachs eine konservative Adresse ist, sicherte man sich schon zu Anfang ab, wie „Risk“ einst berichtete: Mit der Deutschen Pfandkredite Bank (Depfa) wurde ein Kreditausfall-Swap abgeschlossen. Es ist hier nur eine Fußnote, aber die Depfa ging 2007 in der inzwischen verstaatlichten Hypo Real Estate auf – und es sind just die riskanten Depfa- Deals, die die Münchner Konzernmutter an den Rand der Pleite geführt haben.
Ähnliche Deals machten schon Ende der 90er Jahre Schlagzeilen, als Italien ebenfalls mit Swap-Geschäften den Staatshaushalt schön rechnete. Trotzdem schlägt die Goldman-Griechenland-Geschichte neue Wellen – denn sie zeigt, wie das Sorgenkind Griechenland, heute mit rund 200 Milliarden Euro verschuldet und auf Unterstützung der EU angewiesen, schon kurz nach dem Eurobeitritt zu mogeln begann. Und schließlich ist seit 2002 auch viel passiert: Diese Art von Geschäften gilt als eine Ursache der Finanzkrise. Dass die Risiken von US-Immobilienkrediten in der ganzen Welt gestreut wurden, war inzwischen hinlänglich bekannt. Dass aber auch Staatsschulden verbrieft, neu verpackt und weitergereicht wurden – das dringt erst jetzt durch.
Quelle: Tagesspiegel

4. Griechenlands Krise ist gut für den Euro
Manchmal gibt es nichts Besseres als eine richtige Krise. Sie legt offen, an was man alles nicht gedacht hatte, als man sich einst voller Gottvertrauen und mit den besten Absichten auf ein langfristiges Projekt einließ, ob auf Ehe, Beruf oder eben Währungsunion, und dass es mit einem “weiter so!” nicht getan ist. Neue Sicherungen müssen her, oder das Projekt muss aufgegeben werden. Zunächst einmal etwas Banales: In einer tiefen Rezession ist ein schwacher Wechselkurs genau das, was der Arzt verschreiben würde. Griechenland ist dafür verantwortlich, dass der Euro jetzt nur noch 1,37 Dollar kostet, statt 1,51 wie noch vor zweieinhalb Monaten. Einen offenen Abwertungswettlauf kann niemand wollen, weil der fast zwingend zu Protektionismus und einem Zusammenbruch des Welthandels, also zu allgemeinen Wohlstandsverlusten führen würde – wenn uns aber eine Abwertung gewissermaßen geschenkt wird, können wir uns darüber freuen. De facto senken wir unser Lohnniveau und bieten unsere Produkte billiger an. Ausländische Güter und Dienstleistungen werden gleichzeitig teurer. Beides stabilisiert die Beschäftigung innerhalb der Währungsunion.
Quelle: Zeitblog Herdentrieb

Dazu auch:
5. Die Abwertung des Euro ist eher Segen als Fluch
Interview mit Peter Bofinger:

Es ist empörend, dass Finanzinstitute, die vor gut einem Jahr von den europäischen Regierungen und der Europäischen Zentralbank gerettet wurden, jetzt zum Dank versuchen, die europäische Währung zu zerstören. Dem muss die Politik entgegentreten. Eine gemeinsame Haftung verhindert, dass eine Attacke auf einzelne Mitgliedsländer möglich ist. Die Schwachstelle des Euro-Raums besteht darin, dass eine Finanzpolitik aus einem Guss fehlt.

Quelle: NZZ
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Beitrag  Joel Di Feb 16, 2010 11:12 pm

hab hier mal den interessanten artikel über die griechen rausgesucht. nur mal ein zitat aus dem ersten absatz: "1600 euro schmiergeld zahlt eine griechische familie pro jahr"

http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/32559/2/1#texttitel
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Beitrag  Graf Börek Mi März 10, 2010 3:25 pm

das mit dem schmiergeld ist ja gewissermaßen eine tradition in dem land. nicht das ich das gutheißen würde, es ist aber keineswegs ein neues phänomen und taugt wenig zur erklärung, warum es genau jetzt zu den hohen staatsdefiziten in griechenland kommt.

meldung der tagesschau:
Stärkster Einbruch beim Export seit einem Jahr
Die deutschen Exporte sanken um 6,3 Prozent im Vergleich zum Dezember, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Einen kräftigeren Rückgang gab es genau ein Jahr zuvor mit einem Minus von 7,2 Prozent.
Folgen der Krise in Südeuropa

Experten hatten diesmal allerdings ein leichtes Plus erwartet. Sie machten für den Einbruch die schleppende Erholung in Europa verantwortlich, wohin rund zwei Drittel der deutschen Exporte gehen. "Die Folgen der Wirtschaftskrise zeigen sich insbesondere in Südeuropa, wo die Investitionszurückhaltung negativ auf die Nachfrage nach deutschen Produkten durchschlug", sagte der Präsident des Außenhandelsverbandes BGA, Anton Börner.
Im weiteres Teil der kleinen Meldung wird noch auf den harten Winter eingegangen.

Das die Investiotionszurückhaltung in Südeuropa (also z.b. Griechenland) sich nicht wesentlich verbessern wird, wenn die dort von der EU eine prozyklische Sparpolitik aufgenötigt bekommen, fällt den sog. "Experten" leider nicht ein. Schade.
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